Foto: Pixabay-272447
Die Bariatrie ist eine Wortschöpfung aus den griechischen Wörtern barós = Schwere, Gewicht und iatrós = Arzt und meint die Medizin, die sich mit der Behandlung, Vorbeugung, Entstehung und Ausbreitung des Übergewichts beschäftigt. Insbesondere der Adipositas, also der krankhaften Fettleibigkeit, gilt der Fokus der Bariatrie. Die Bariatrie umfasst daher mehrere Teilbereiche der Medizin. Bei der Diagnostik und Therapie der Adipositas sind typischerweise Ärzte aus den Bereichen Endokrinologie, Innere Medizin, Radiologie und Chirurgie beteiligt. Der Begriff Bariatrie entstand in den 1960er-Jahren, als die ersten chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten der Adipositas vorgestellt wurden. Solche chirurgischen Therapien nennt man auch bariatrische Eingriffe, welche häufig am Magen durchgeführt werden. Bariatrisch bedeutet dementsprechend alles was mit der Therapie, Prophylaxe, Diagnostik und Nachsorge der Adipositas zu tun hat.
Was ist die bariatrische Chirurgie?
Bei der bariatrischen Chirurgie handelt es sich um einen Teil der Bariatrie, welcher sich mit der operativen Therapie der Adipositas beschäftigt. Man spricht daher auch von Adipositaschirurgie. Eine bariatrische Operation hat zum Ziel, die negativen Effekte der Adipositas zu verringern oder gar zu beseitigen. Wichtig ist zu verstehen, dass ein bariatrischer Eingriff nicht in erster Linie die Gewichtsreduktion zum Ziel hat, sondern vor allem Langzeitfolgen durch Stoffwechselstörungen, wie zum Beispiel einen erhöhten Blutzucker, verhindern sollte. Man spricht daher auch von metabolischer Chirurgie (Metabolismus = Stoffwechsel). Dennoch ist der Gewichtsverlust natürlich auch immer das eindrücklichste Ergebnis einer bariatrischen OP, der entsprechende weitere Folgeerkrankungen, zum Beispiel Gelenkverschleiss, und nicht zuletzt das Körpergefühl, günstig beeinflusst.
Die Wirksamkeit dieser Eingriffe ist dabei in vielen Studien mehrfach bewiesen. Es soll an dieser Stelle erwähnt sein, dass für die bariatrische Chirurgie, im Gegensatz zu vielen anderen Operationen, sehr viele gute Studien vorliegen. Als einzige operative Therapie konnte für die bariatrische Chirurgie sogar ein lebensverlängernder Effekt nachgewiesen werden.
Welche bariatrischen Operationen gibt es?
Grundsätzlich verfolgt die bariatrische Chirurgie den Ansatz, die Nahrungsaufnahme und Nahrungspassage im Körper so zu verändern, dass die gewünschten Ergebnisse eintreten. Dabei kann man zwei Wirkmechanismen unterscheiden. Bei restriktiven Eingriffen wird vor allem die Menge der Nahrungsaufnahme beschränkt. Dies geschieht meist durch eine Magenoperation, die zu einer Verkleinerung des Magenvolumens führt, wie bei der Anlage des Schlauchmagens oder des Magenbandes. Auch beim Anlegen des Magenballons wird das Restvolumen des Magens verkleinert, wobei dies keine eigentliche Magen-OP ist.
Der zweite Mechanismus nutzt eine verringerte Nahrungsaufnahme aus, um dauerhaft die Kalorienzufuhr zu senken. Man spricht dann von einem malabsorptivem Eingriff. Dabei wird die Speise im Darm so geleitet, dass es zu einer verzögerten Verdauung und erst spät zu einer Aufnahme der Nahrung im Darm kommen kann. Dabei werden neben den malabsorptiven Effekten auch hormonelle Stoffwechselveränderungen erreicht, welche ebenfalls zu einer effektiven Verminderung der Kalorienzufuhr führen. Diese Wirkungsweise wird bei dem sogenannten Magenbypass oder auch bei der sogenannten biliopankreatischen Diversion ausgenutzt.
Zu den in der Schweiz anerkannten Standardverfahren gehören der Magenbypass, der Schlauchmagen, das Magenband und die biliopankreatische Diversion. Alle Verfahren werden in unserer Abteilung für bariatrische Chirurgie Zürich angeboten und in Schlüssellochtechnik (sog. minimal-invasiv) durchgeführt.
Es gibt darüber hinaus noch weitere chirurgische Verfahren und Techniken, welche teilweise experimentell sind (z. B. der sog. Mini-Bypass) oder deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden konnte und die deshalb hier nicht weiter erwähnt werden.
Wie gut geht es mir nach einem bariatrischen Eingriff?
Die Erholungsphase nach der Operation ist je nach Eingriff und Patient unterschiedlich. Typischerweise kann man bereits nach 3 bis 5 Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Allerdings werden die Umstellungen der Essgewohnheiten, die deutlich reduzierte Menge der Nahrungsaufnahme sowie eventuelle Beschwerden durch die Operation noch anhalten. Insbesondere die Notwendigkeit der 6- bis 8-täglichen Aufnahmen von Mahlzeiten beschäftigen die Patienten noch länger.
In der Regel hat sich der Körper aber nach ca. 3 Monaten an die Umstellungen gewöhnt und der Patient sich an die neuen Gegebenheiten angepasst. Das heisst nicht, dass man solange warten muss bis man wieder seinem Beruf nachgehen kann. Können Kalorien und ausreichend Flüssigkeit (ca. 2 Liter am Tag) zu sich genommen werden, können die Patienten auch wieder ihrer Arbeit nachgehen. In der Regel ist dies nach ca. 2 Wochen gut möglich. Aber auch hier gibt es je nach Behandlungsverlauf und Patient Unterschiede.
Wer kann sich einem bariatrischen Eingriff unterziehen?
Nicht jeder Mensch mit Übergewicht ist sofort ein Kandidat für eine Adipositas-Operation. Nach heutigem Wissensstand sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die bariatrische Chirurgie durchgeführt werden kann. Neben einem BMI von 35 kg/m² oder mehr sollte der Nachweis von Abnehmbemühungen über 2 Jahre dokumentiert sein.
Wichtiger ist jedoch, dass Situationen ausgeschlossen wurden, die zu einer Gefährdung des Patienten führen, sollte man einen bariatrischen Eingriff durchführen. Dazu zählen im Besonderen Schwangerschaften. Es ist strikt verboten, während einer Schwangerschaft einen solchen Eingriff vorzunehmen. Auch sollte die Patientin bis ein Jahr nach dem Eingriff auf eine Schwangerschaft verzichten. Nach dieser Zeit kann man aber wieder schwanger werden. Hierbei ist jedoch auf einen erhöhten Kalorienbedarf für Mutter und Baby zu achten, daher sollte auch die Schwangerschaft neben FrauenärztInnen durch bariatrische Ärzte begleitet werden.
Auch das Alter ist in der Begutachtung für eine bariatrische Chirurgie wichtig. Typischerweise sollte die Volljährigkeit vor der Durchführung einer Operation erreicht sein. Aktuell ist der Anteil von adipösen Jugendlichen jedoch stark ansteigend und damit auch der Anteil an jungen Menschen mit bereits bestehender Blutzuckererkrankung. Vor diesem Hintergrund werden auch zunehmend minderjährige Patienten operiert. Hier gilt es aber neben den üblichen Abklärungen auch die psychologische Betreuung sicherzustellen. Überdies sind Entscheidungen zur bariatrischen Operation Einzelfälle, welche nur in entsprechend zertifizierten Zentren erfolgen dürfen. Auch die Therapie und Nachsorge ist in einer Richtlinie der SMOB (Swiss Society for the Study of Morbid Obesity and Metabolic Disorders) gesondert geregelt.
Sind die Voraussetzungen für einen Eingriff der bariatrischen Chirurgie erfüllt, so ist auch eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen gesichert. Prinzipiell können bariatrische Operationen auch ohne Kostenzusage durchgeführt werden. Es muss jedoch auch immer eine medizinische Notwendigkeit vorliegen, einen solchen Eingriff durchzuführen. Schliesslich darf man nicht vergessen, das letztlich gesunde Organe operiert werden.