Ziele und Vorstellungen ändern sich manchmal auch in der Adipositastherapie
Helen erzählt über ihren Perspektivwechsel im Laufe der Therapie. Gesprächsführung: Faris Abu-Naaj für Adipositas Zürich.
Helen war schon als Kind stark übergewichtig und ihr gesamtes Umfeld schmähte sie aufgrund ihres Gewichtes. Dabei waren es anfangs nur acht oder neun Kilo zu viel, die ausreichten, um sie aus der großen Menge abzuheben und als „die Dicke“ zu stigmatisieren. Da war sie gerade neun Jahre alt. Das Schlimme an der ganzen Sache war, dass nicht nur ihre Mitschüler sich an dieser vermeintlichen „Hetzjagd“ beteiligten, sondern auch das Elternhaus. Zwar verhielt sich die Mutter passiv, doch sie hatte der Dominanz des Vaters nicht viel entgegenzusetzen. Mehr noch als das schob der Vater der Mutter die Verantwortlichkeit zu.
Mit zehn Jahren folgte der soziale Rückzug von Helen und eine weitere Gewichtszunahme. Bald war die Mutter die einzige Bezugsperson, der sie sich anvertrauen konnte und die sie nicht ausschließlich auf ihr Gewicht reduzierte. Dennoch wollte die Mutter ihrer Tochter helfen und suchte unzählige Illustrierte und das Internet nach einer geeigneten Adipositastherapie für sie ab. Schnell traf sie auf den sogenannten Magenballon.
Alles klang so einfach
Innerhalb von zehn Minuten sollte der Ballon mittels einer Magensonde eingebracht und sechs bis zwölf Monate später wieder genauso schnell entfernt werden. Auch die dargestellten Behandlungsergebnisse liessen sich durchaus sehen und obwohl die mittlerweile 16-Jährige „nur 16 Kilo“ Übergewicht auf die Waage brachte, schien dies der ersehnte Schlüssel zum Glück.
Der Termin war schnell gemacht und dank Muttis kleiner Subvention war das Honorar von 4000 SFR schnell aufgebracht. Dies beinhaltete die Implementierung des Ballons und die Entfernung. Der Arzt versprach anfangs nicht zu viel und der Eingriff verlief in einer Art Dämmerschlaf problemlos.
Bereits in den ersten zwei Wochen stellten sich Erfolge ein und Helen verlor ganze sechs Kilo. Die junge Schweizerin fühlte sich im siebten Himmel, bis die ersten Komplikationen auftraten. Unglaubliche Rückenschmerzen in der Nacht wurden fast unerträglich und auch während des Tages kam es häufig bei den unmöglichsten Situationen zu einem stechenden Bauchschmerz. Auch wenn sich die Gewichtsabnahme verlangsamte, wusste sich die Patientin nur dadurch zu helfen, dass sie den Ballon nach vier Monaten entfernen ließ.
Heute reden wir mit Helen
Ihr Statement ist klar: „Der Ballon mag für einige Patienten die richtige Therapieoperation sein, für mich war sie nicht geeignet.“ Unmittelbar nach der Ballonentfernung nahm ihr Gewicht wieder zu und die Schweizerin wog bald deutlich mehr als vor der Implantation. Dazu kam auch noch der finanzielle Aufwand, denn der Ballon wird weder in Deutschland noch in der Schweiz als Kassenleistung gezahlt.
Mittlerweile nimmt Helen an einer qualifizierten Ernährungsberatung teil und tauscht einzelne Mahlzeiten gegen so genannte Formula-Produkte (Diätdrinks) aus. Ihre Ziele und Vorstellungen von der Ballonimplantation haben sich nicht erfüllt. Welchen Weg sie nun einschreiten kann und will, weiss sie noch nicht. Zunächst hat sie sich im Adipositaszentrum im Männedorf Spital zur Sprechstunde angemeldet, um für sie den geeigneten und zielführenden Weg mit den Ärzten zu finden.
Das Team von Adipositas Zürich wünscht ihr hierfür viel Erfolg!
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