Wir sind Chirurgen, keine Götter!

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Vielleicht eine provokante Überschrift, das mag sein. Zumal gerade Chirurgen und Chirurginnen gerne als Halbgötter in Weiß beschrieben werden… Heute soll es aber nicht um halbe oder ganze Götter gehen, sondern um häufig überzogene Erwartungshaltungen von Patientinnen und Patienten, die sich einer Operation unterziehen wollen oder sich bereits einer Operation unterzogen haben.

Aus der Sicht von uns Therapeuten und Therapeutinnen ist die Sachlage relativ klar. Die mittlerweile zur Verfügung stehende Datenlage für die positiven Veränderungen, die sich bei adipösen Patienten und Patientinnen nach einer adipositaschirurgischen Operation beobachten lassen, ist eindeutig. Nahezu sämtliche Begleiterkrankungen, die mit der Adipositas häufig einhergehen (z.B. Diabetes mellitus, Blutdruckprobleme, Schlafapnoe, orthopädische Probleme, Fettleber etc.), können durch eine Adipositas-Operation gebessert werden. Für uns ist das auch ein wesentliches Ziel der Therapie. Die Verbesserung der Begleiterkrankungen führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität, zu einer Verlängerung der Lebenszeit und zur Vermeidung aufwändiger Folgetherapien. Auch die psychischen Folgen einer Adipositas-Operation fallen häufig aufgrund einer Verbesserung des Selbstwertgefühls eher positiv aus. Die Reduktion des Körpergewichtes an sich – sprich, die Zahl auf der Waage, ist also primär nicht das erste Ziel, sondern eine willkommene Beigabe zu den gewollten Veränderungen, die ich oben aufgeführt habe.

Interessanterweise erwarten seitens der operierten Patienten und Patientinnen aber bis zu 50% der Frauen und knapp 40% der Männer einen vollständigen Verlust des Übergewichtes. Knapp 70% der Befragten erhoffen sich immer noch eine Reduktion des Übergewichtes von mehr als 60% (Daten aus Deutschland von 2014). Die Fokussierung auf das Körpergewicht als hauptsächliches Therapieziel ist bedenklich, da dieses Ziel gerade auch im Langzeitverlauf meist nicht erreicht wird. Enttäuschung und psychische Dekompensation kann die Folge sein. Sowieso ist nicht klar, ob ein Gewichtsverlust nach der Operation immer auch zu einer stabilen Stimmungswelt führt. Wir wissen sehr wohl, dass nach einer Operation Depressionen, Angst- und Schlafstörungen sowie Suchtverlagerungen (also das Ausweichen von Ess-Sucht auf z.B. Spiel-,Kauf-oder Alkoholsucht) auftreten können. Die zweifelsohne segensreiche Operation bringt zwar eine Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Funktionalität mit sich, kann aber die Konflikte, die oftmals der Erkrankung Adipositas zugrunde liegen, nicht einfach wegoperieren.

Eine Adipositas-Operation ist nicht automatisch der allumfassende Glücksbringer!

Wenn die Erwartungshaltung aufseiten der Patienten und Patientinnen realistisch ist, die Möglichkeiten der Operation durch uns Therapeuten und Therapeutinnen fair und ehrlich kommuniziert wurden, auch nach der Operation die Möglichkeit zum Austausch mit anderen besteht und eine vernünftige, durchaus auch psychologische Betreuung angeboten wird, dann sind die Bedingungen für einen positiven Verlauf optimal. Aber zaubern können wir auch nicht. Und das mit dem Gott hatten wir schon weiter oben…

Wir würden uns sehr über Feedback zum Thema Erwartungshaltung aus eurer Sicht freuen. Was waren eure Hoffnungen und haben sich alle erfüllt? Oder wart ihr hinterher enttäuscht? Wenn ja, was hat euch enttäuscht?

Liebe Grüße vom Adipositasteam Zürich
Euer Andreas Thalheimer, stv. Chefarzt Viszeralchirurgie Spital Männedorf

1 Kommentar
  1. Arthur
    Arthur sagte:

    Ich wurde im August 2019 von Prof. Bueter operiert, hatte auch schon mit Dr. Thalheimer Kontakt und bin mit meinem Gesundheitszustand sehr zufrieden. Die grosse Offenheit und Zugänglichkeit der Chirurgen Bueter und Thalheimer sind etwas, was ich so noch nicht kannte, mich glücklich macht und viel Vertrauen schafft. So wurden alle meine Erwartungen erfüllt, auch weil diese von Anfang an eher unpräzis waren. Ich wollte nur aus der „Gewichtsfalle“ herauskommen, und das fand ganz klar auch statt.

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