Omega- oder Minibypass: «Gekommen, um zu bleiben?»

Prof. Dr. Marco Bueter mit einer kritischen Einschätzung des sogenannten Omega- oder Minibypasses.

Die immerwährende Suche nach der «idealen» bariatrischen Operation, die maximale Effektivität mit höchster Sicherheit für die PatientInnen verbindet, hat in der Geschichte der bariatrischen Chirurgie zur ständigen Entwicklung und Präsentation neuer Operationsverfahren geführt, mit dem ultimativen Ziel, technisch einfachere und effektivere Operationen zu entwickeln, die schnell und günstig durchführbar sind.

Einige – eigentlich die meisten – der so entwickelten Verfahren haben es (zum Glück) nie zum Standardeingriff gebracht, in der Regel aufgrund enttäuschender klinischer Ergebnisse, dem Mangel an qualitativ hochwertigen Daten oder einem zu hohen kurz- und langfristigen chirurgischen Komplikationsrisiko.

Andere Verfahren halten sich hingegen länger in der Szene und werden aufgrund vermeintlich vielversprechender Daten von bariatrischen ChirurgInnen schrittweise in den klinischen Alltag eingeführt – häufig leider ohne dass man die vorhandenen klinischen Daten und Ergebnisse vorher einer kritischen Prüfung unterzogen hat.

Diese unkritische, leider Gottes oft «typisch» chirurgische Mentalität hat in der Vergangenheit nicht nur das Gebiet der bariatrischen Chirurgie, sondern auch die Chirurgie im Allgemeinen bei den nicht-chirurgischen KollegInnen schon oft in Verruf gebracht und ist sicher einer der vielen Gründe, weshalb es so schwer ist, die zahlreichen Vorbehalte gegenüber der bariatrischen Chirurgie nicht nur in medizinischen Fachkreisen, sondern auch in unserer Gesellschaft zu überwinden.

Die schrittweise Einführung des sogenannten Omega-Loop-Magenbypasses (von vielen auch als «Mini»-Magenbypass bezeichnet) in den bariatrischen Alltag ist so ein Fall. Diese Operationsmethode wurde in den letzten Jahren immer mehr befürwortet, vor allem in Europa und Asien. In der Schweiz spielt diese Operation bisher nur eine untergeordnete Rolle.

Wie beim klassischen Roux-en-Y-Magenbypass wird auch beim Omega-Loop-Magenbypass ein sogenannter Magenpouch gebildet, der allerdings etwa doppelt so lang ist und daher ein grösseres Füllvolumen aufweist (etwa 100 ml). An diesen Pouch wird dann eine etwa 200 cm lange Dünndarmschlinge angeschlossen («anastomosiert»).

Mittlerweile existieren verschiedene Unterformen der Operationen mit unterschiedlichen Eigenschaften in Bezug auf Anastomosentechnik und Schenkellängen. Da das zugrundeliegende Prinzip dieser verschiedenen Varianten im Wesentlichen sehr ähnlich ist, erlaube ich es mir, euch diese chirurgischen Details hier zu ersparen.

Erste Daten zum Omega-Loop-Magenbypass an 1274 PatientInnen wurden im Jahre 2001 vom Entwickler und Erstbeschreiber der Methode Dr. med. Robert Rutledge (USA) publiziert. Er berichtete, dass sich das Übergewicht innerhalb von 24 Monaten im Durchschnitt um etwa 77 % reduziert hatte und dass es bei einer Vielzahl der PatientInnen zu einer beachtlichen Verbesserung der Begleiterkrankungen wie Diabetes (92 % der Fälle), Bluthochdruck (90 %) oder Schlafapnoe (90 %) gekommen war.

Lee et al. veröffentlichten im Jahre 2005 eine weitere Studie, in der sie die Effekte des Omega-Loop-Magenbypasses mit dem klassischen Roux-en-Y-Magenbypass verglichen. Hierbei zeigte sich nach 24 Monaten ein nahezu identischer Gewichtsverlust bei gleicher Verbesserung der Begleiterkrankungen nach beiden Eingriffen.

Verfolgt man die über die letzten Jahre langsam steigende Anzahl der veröffentlichten Studien zum Omega-Loop-Magenbypass, so scheint sich ein Trend hin zu dieser Methode vor allem als Ersatz für die operationstechnisch deutlich anspruchsvollere BPD/DS abzuzeichnen.

Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt am Omega-Loop-Magenbypass ist die bisher ungeklärte Frage, ob die Operation zu einem erhöhten Risiko für Magen- oder Speiseröhrenkrebs führt oder nicht.

Hintergrund ist die Tatsache, dass Studien über Magenoperationen, die vor 30–40 Jahren vor allem zur Therapie von Magengeschwüren durchgeführt wurden und die dem Omega-Loop-Magenbypass in einzelnen technischen Aspekten sehr ähnlich sind, von einer Krebsentstehung in 1–8 % der Fälle berichteten. Leider gibt es für den Omega-Loop-Magenbypass dazu noch keine Daten, sodass diese Frage aktuell nicht abschliessend beantwortet werden kann.

Wichtig ist allerdings, dass dieser Aspekt bei der Wahl der Operationsmethode offen und ehrlich diskutiert und dass Betroffene von den behandelnden ChirurgInnen klar auf diese Problematik hingewiesen werden, damit sie ihre Entscheidung in Kenntnis aller vorhandenen und nicht vorhandenen Informationen zu einer Operation fällen können.

Ich selbst habe für mich beschlossen, zunächst weitere Studien mit entsprechenden Langzeitdaten abzuwarten, bis ich meinen PatientInnen den Omega-Loop-Magenbypass anbiete.

Wie denkt ihr darüber? Schreibt uns eure Meinung als Kommentar oder Nachricht auf «Adipositas Zürich».

Wie immer freuen sich Prof. Marco Bueter und Faris Abu-Naaj auf euer Feedback.

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